Ô Faya Farm
Wenn man einen Tipp von einem der wichtigsten und besten Verkoster Deutschlands bekommt, geht man der Sache nach… Ende 2019 bekamen wir Wind von diesem winzigen Weingut in der Schweiz und tauschten uns mit Ilona zum ersten Mal aus. Was danach kam, im Frühjahr 2020, überraschte uns alle. Als die Welt zwei Jahre später wieder in Ordnung schien, traf überraschend ein Päckchen bei uns ein mit ein paar Flaschen und einem sorgfältig geschriebenen Brief darin. Ja, es gibt sie noch diese Menschen, die Briefe schreiben!
Wir haben die Weine verkostet und waren sofort begeistert. Sie waren nicht nur gut, sondern nach fünf Tagen im Kühlschrank sogar noch besser, darunter der beste Fendant, den wir jemals getrunken haben! In der Alpenregion Wallis gehört der Fendant genauso wie die dazu passenden Gerichte Fondue oder Raclette zum Alltag.
Der aus Chasselas (Deutsch: Gutedel) gekelterte Wein ist eher bekannt für seinen hohen Säuregehalt und seinen anspruchslosen Trinkfluss. Ganz anders der Fendant von Ilona. Er verbindet perfekt die Säure des Chasselas mit der vielfältigen Mineralität des Granit- und Kalkschieferbodens. Das Ganze gepaart mit einer Prise Verspieltheit, die nur die hervorragenden Naturweine auszeichnet. Der Name "Seuf", "Durst" im regionalen Dialekt, erinnert an den wichtigsten Zweck des Fendants: Durst löschen.
Philosophie...
Ilona Hunkeler betreibt entlang der Rhône im Französisch sprechenden Teil des Wallis 4,5 Hektar Reben in den Gemeinden Fully und Conthey. Hinter ihrem Weingarten ragen die Viertausender Berge hoch. Dort, im Wallis, schlägt das Herz der Schweizer Alpen. Hier hat sich Ilona ihren Traum eines kleinen Bauernhofes erfüllt: „Ein paar Schafe, ein paar Fässer Wein, frische, reife Aprikosen, abseits des Dorfes, wilder als erwartet, aber sehr lebendig.“ Mit diesen Worten beschreibt Ilona, wie alles angefangen hat.
Mittlerweile umfasst die kleine Farm 45 Hektar, davon 4,5 Hektar Reben, vier Hektar Aprikosen, und 15 Hektar Land Heu. Der Rest wird beweidet mit Kühen und Schafen, Pferden und Eseln. Der Name des Hofes „Ô Faya Farm“ ist eine Mischung aus dem regionalen Dialekt (Patoit) und Englisch. Er soll die Philosophie von Ilona widerspiegeln: in Wallis verankert – in der Welt zu Hause.
Neben Chasselas für den Fendant wachsen in Ilonas Weingärten die einheimischen weißen Rebsorten Petite Arvine und Heida sowie die roten Pinot Noir, Gamay und Merlot. Die 4,5 Hektar Reben liegen auf 600 bis 900 Metern über dem Meeresspiegel auf verschiedenen Böden – hauptsächlich aufgeteilt in Granit, Kalkschiefer und Granitschiefer.
Ilona bereibt auf ihrem Land eine Kreislaufwirtschaft. Eigentlich naheliegend für eine vielfältige Landwirtschaft wie ihre. Sie erfordert aber viel gesunden Menschenverstand und viel Fleiß. Ilona greift zum Beispiel zum Mist ihrer Kühe und Schafe, um den Boden ihrer Reben zu stärken und nimmt das Waschwasser des Weinkellers, um die Aprikosen mit dessen organischen Bestandteilen zu stärken.
Viel hat Ilona von Maria Thun übernommen, wobei deren Lehren so angepasst wurden, dass sie umsetzbar sind. Dogmen möchte Ilona nämlich nicht folgen. Sie möchte keine idealistische Landwirtschaft betreiben, sondern eine realistische. Und eine visionäre Landwirtschaft basiert auf gegebenen Tatsachen. Genauso schmecken ihre Weine: lässig, aber akribisch und handwerklich präzise gemacht.